Hausaltar? Hausaltar!
Wenn das mein Besuch sieht…
Ist der Besuch nicht gerade selbst asiatisch orientiert
oder gar aus der Esoterik-Ecke, dann kann man mit solchen Fragen
rechnen:
„Bist Du in ner Sekte? Betest Du nen Guru an?....“
Nicht unbedingt, soll aber in den besten Familien vorkommen.
Hat man stattdessen Kreuze, ein Bildchen vom Papst und ein paar Heilige
aufgestellt, begegnet einem schon eher eine wohlgesonnene Toleranz,
wenngleich der Besuch dennoch vielleicht etwas skeptisch dreinschaut.
Kurz ausgedrückt, wer seinem Glauben, seiner Religionszugehörigkeit Ausdruck verleiht, die womöglich noch im Mobiliar manifest wird – dann ist man „out“. Viele Komponenten kommen hier zusammen: Erstmal sind fremde Religionen potentiell bedrohlich, Altäre und Schreine gehören in Kirchen und nicht in die gute Stube und einige haben noch den Schluckauf von der 30 Jahre zurückliegenden Bhagwan/Maharishi-Tsunamiwelle.
Dies bedeutet erst einmal nicht mehr und nicht weniger, dass wir noch mehr an Toleranz innerhalb unserer Gesellschaft gegenüber fremden Religionen arbeiten sollten und, dass sich jemand Sorgen um uns macht.
Was nachdenklich stimmt, ist, dass jene, denen solche
Altärchen und Schreine so fremd erscheinen, oft selbst auch solche
haben, ohne sich dessen bewusst zu sein:
Da ist z.B. Tante Klaras Vitrine, in der die verschiedenen
Kristallgläser stehen, jedes genau an seinem Platz. Geht ins Badezimmer
von Herrn und Frau Mayer, wo jeder seinen Schrein mit Sichtfenster hat,
gefüllt mit Parfumes, Deos, Untensilien etc.. Und wehe, jemand
verschiebt hier was!
Dies sind die Altäre und Kultstätten unseres neurotischen Egos und diese
sind gesellschaftlich etabliert, ja gehören zur Wohnkultur.
Was ist eigentlich ein Altar?
Im Grunde ist er ein Platz der Energiebündelung und
-ausrichtung, ein Platz, der uns direkt mit etwas in Verbindung treten
läßt, an dem wir etwas verehren, dem wir Respekt zollen oder auch
unseren Dank darbringen und solche Altäre haben in durchweg allen
Traditionen rund um die Welt eine uralte Tradition und sind letztendlich
Teil einer Weisheitstradition.
Wenn ich vor meinem Hausaltar sitze, empfinde ich mich noch näher meinen
Lehrern verbunden, spüre ihr liebevolles weises Lächeln, bin berührt und
dankbar von der Entschlossenheit, mit der sie den Weg über Jahrzehnte
vor mir gegangen sind, dankbar für die Lehren, die sie an mich
weitergaben und ich zolle Respekt all der Zeit und Energie, die diese
Buddhas der Erfahrung und Weitergabe des Dharma gewidmet haben.
Chopsticks und Altäre
Vielleicht ist Euch schon aufgefallen, dass es in fast
jedem Chinaladen oder-restaurant, beim Thai, beim Vietnamesen, irgendwo
kleine und größere Hausaltäre gibt, an denen regelmäßig Räucherwerk –
meistens dann, wenn man den „Laden“ öffnet – entzündet wird.
Diese sind zumeist buddhistische oder daoistische Hausaltäre.
In der asiatischen Kultur gibt es zahlreiche verschiedene Altäre. Es
gibt einen für die verehrten Gottheiten oder Buddhas, einen für die
Ahnen, einen für die Hausbeschützer oder manchmal auch ein „Altar-Chop
Soey“, von allem etwas.
Let´s go Zen
Auch in der zen-buddhistischen Tradition gibt es Hausaltäre (Butsodan), zumeist kleine Schränkchen, Kommoden oder Regale, die mit den verschiedensten Sachen ausgestattet sind. Die meisten meiner Lehrmeister hatten/haben auch eben solche, was mir im ersten Moment komisch erschien, beim nächsten klaren Gedanken aber absolut schlüssig, denn auch sie hatten ja Lehrer!
Die klassische Ausstattung eines Hausaltars ist zumeist
ein zentraler Buddha und drum herum gruppiert verschiedene Dinge. Da ist
z.B. die Räucherschale, Vasen mit frischen Blumen, Bilder der Lehrer,
Bilder von Menschen, die uns auf unserem Weg inspirierten, bestückte
Kerzenhalter, oft auch ein Ständer für die eigene Mala.
In den Schubladen (oder bei einem kleinen Regal hinter dem Tuch, das die
Vorderseite schmückt) sind Ersatzkerzen, Feuerzeug, Räucherwerkvorrat
und andere Utensilien, die man zur Pflege des Hausaltars halt braucht,
das Kesa, das Rakusu, das Wagesa...
Altäre bei IKEA?
Wieso eigentlich nicht? Mein letzter stammte von IKEA!
Da gibt’s nette kleine Regälchen, die sich dazu eignen.
Natürlich kann man „richtige Butsodan“ auch in Japan bestellen, aus
edelstem Holz und so ab $ 600,- (nach oben offen) zu erwerben (siehe
Foto mit Maßangaben).
Noch authentischer ist es natürlich, mal beim Sperrmüll Streife zu
gehen, denn da findet sich manches geeignete Teil verloren am
Straßenrand. Wenn man das nachbessert und lackiert, hat man einen
wunderbaren Butsodan!
Auf jeden Fall aber sind Altäre und Schreine mehr als hübsche Raumdekoration. Sie sind Tools, Werkzeuge, die wir uns zunutze machen können und die uns bei der Vertiefung unserer Praxis helfen können. So, why not?